01.10.2024
Beitrag von Caroline Emmer De Albuquerque Green
The recognition of the need to protect older persons' human rights has been painfully slow, even in the light of evidence of the harmful effects of ageism and the widespread experiences of abuse and neglect and other rights violations by older people around the world. See for example some reports here: https://lnkd.in/eeA-pidh
But, this year saw a milestone achievement towards strengthening the human rights of older persons when the UN General Assembly adopted a resolution paving the way to adopting a new legally binding treaty. https://lnkd.in/eYPTuPPE
Keir Starmer recently mentioned the effects of demographic ageing as one of the key issues to address amongst climate change and technological advancements. https://lnkd.in/eiMq8Uh5
There is hope that the UK will take on a leadership role in pushing towards a new treaty. Civil society action is growing stronger. What is needed desperately now is to strengthen civil society further and raise the voices of older people in this process. How to do this?
Weitere Informationen über Aktivitäten in Deutschland finden Sie auf den Webseiten von BAGSO, HelpAge Deutschland und Institut für Menschenrechte
26.06.2024
Beitrag von Irene Fechau
Jeder zweite Mensch leidet im Lauf seines Lebens an einer psychischen Erkrankung. Eine der häufigsten Erkrankungen ist dabei die Depression, die sich oft in verschiedenen Symptomen wie zum Beispiel Niedergeschlagenheit, Antriebslosigkeit, sozialem Rückzug, Schlafstörungen oder auch körperlichen Schmerzen ausdrückt (Schumann, 2019). Entgegen verbreiteter Annahmen, dass Depressionen im Alter häufiger vorkommen oder Symptome wie Niedergeschlagenheit oder sozialer Rückzug gar zum Alter „dazugehören“, tritt die Depression im höheren Lebensalter ungefähr genauso häufig auf wie in anderen Lebensphasen (Kessler, 2021; Kropf & Cummings, 2017).
Als Behandlungsmethode der Wahl gilt dabei die Psychotherapie – auch dies unabhängig vom Lebensalter. Das zeigen zahlreiche Studien (Peters & Lindner, 2019). Wirft man jedoch einen Blick auf Patient:innenzahlen, wird eine große Versorgungslücke deutlich. Während fast ein Viertel aller jungen Erwachsenen mit Depression eine Psychotherapie macht, sieht es im höheren Lebensalter ganz anders aus: Zwischen 65 und 69 Jahren sind es nur noch fünf Prozent, bei Menschen über 75 sogar weniger als ein Prozent, die psychotherapeutisch behandelt werden. Die Gründe für diese faktische Nicht-Versorgung sind vielfältig: Nach wie vor herrschen viele Vorurteile und Fehlannahmen in den Köpfen von Behandler:innen und auch von Patient:innen selbst vor – zum Beispiel die Annahme, sich im Alter sowieso nicht mehr verändern zu können. Solche Überzeugungen beruhen auf verinnerlichten Altersbildern, also negativen Vorstellungen über alte Menschen und das eigene Altern (Bodner et al., 2018; Kessler, 2021). Obwohl ältere Menschen einer Psychotherapie positiver gegenüberstehen, als häufig angenommen wird, können Themen wie Scham, Berührungsängste, oder der Gedanke, niemandem zur Last fallen zu wollen, eine Rolle spielen. Dazu kommen strukturelle Hürden – viele Praxen sind beispielsweise nicht barrierefrei erreichbar – und fehlende Angebote (Kessler, 2021).
Wie erleben Menschen im höheren Lebensalter Psychotherapie? Wovon profitieren sie – und wovon vielleicht auch nicht? Und wie wirkt sich eine Therapie ganz konkret im Alltag aus? Diesen Fragen widmet sich das Forschungsprojekt „PANAMA“ an der Medical School Berlin (MSB) – und möchte damit dazu beitragen, Vorurteile abzubauen und langfristig die psychotherapeutische Versorgung für ältere Menschen zu verbessern. Ziel ist es, psychotherapeutische Behandlungsangebote zu entwickeln, die noch besser auf die Bedürfnisse und Wünsche älterer Patient:innen abgestimmt sind. Dazu führt das Forschungsteam der MSB Medical School Berlin, unter der Leitung von Prof. Dr. habil. Eva-Marie Kessler, ausführliche Gespräche mit Menschen über 68, die in den letzten Jahren eine Psychotherapie gemacht haben und von ihren Erfahrungen berichten möchten. Es ist international das erste Forschungsprojekt dieser Art, das sich mit Psychotherapie aus der Perspektive älterer Menschen selbst befasst und damit dieser Patient:innengruppe eine Stimme gibt. Das Forschungsteam hat seit Projektstart im November 2023 bereits eine Reihe von Interviews mit Frauen und Männern zwischen 68 und 83 Jahren in ganz Deutschland geführt. Die Erfahrungen, von denen die Studienteilnehmer:innen bisher berichten, sind sehr unterschiedlich: Von akuter Krisenintervention von ein paar Sitzungen bis zur langen Psychoanalyse über mehrere Jahre sind sehr verschiedene Therapieformen vertreten. Und ebenso groß ist die Bandbreite an Erlebnissen, die im Erleben der ehemaligen Patient:innen im Rückblick besonders bemerkenswert waren und die sie heute noch im Alltag begleiten. „Eine Therapie ist eine sehr persönliche Erfahrung, die jeder anders erlebt. Dafür möchten wir in den Interviews Raum geben. Aber natürlich gibt es auch Gemeinsamkeiten. Wir sind sehr gespannt, was sich zeigen wird, wenn wir das Interviewmaterial genauer analysieren – und auf die vielen Gespräche, die wir noch mit älteren Studienteilnehmer:innen zu ihren Erinnerungen an ihre Psychotherapien führen werden“, sagt Irene Fechau, wissenschaftliche Mitarbeiterin im Projekt PANAMA.
Die Ergebnisse der Studie sollen sowohl der Öffentlichkeit als auch einem Fachpublikum zur Verfügung gestellt werden. Damit möchte das Projekt erstens zu einem Abbau von Vorurteilen und Berührungsängsten beitragen. Darüber hinaus sollen auf Basis des Projekts in der Zukunft individualisierte Therapieprogramme entwickelt werden, die im Einklang mit den Präferenzen und Bedürfnissen älterer Patient:innen stehen.
„PANAMA“ sucht aktuell und bis Ende des Jahres 2024 deutschlandweit noch weitere interessierte Gesprächspartner:innen. Interessent:innen sollten
Kontakt: Irene Fechau, wissenschaftliche Mitarbeiterin im Projekt PANAMA und psychologische Psychotherapeutin in Ausbildung, Tel.: 0178 80 62 388, irene.fechau@medicalschool-berlin.de.
Weitere Infos: https://panama064.wordpress.com/
Bodner, E., Palgi, Y., & Wyman, M. F. (2018). Ageism in Mental Health Assessment and Treatment of Older Adults. In: L. Ayalon & C. Tesch-Römer (Hrsg.), Contemporary Perspectives on Ageism (S. 241–262). Springer International Publishing.
Kessler, E. M. (2021). Psychotherapeutisches Arbeiten mit alten und sehr alten Menschen. Kohlhammer.
Kropf, N., & Cummings, S. (2017). Evidence-based treatment with older adults: Theory, practice, and research. Oxford University Press.
Peters, M., & Lindner, R. (2019). Psychodynamische Psychotherapie im Alter: Grundlagen, Störungsbilder und Behandlungsformen. Kohlhammer.
Schumann, F. (2019). Depressionen im Alter: „Ärzte und Psychotherapeuten vernachlässigen ältere Patienten“. Interview mit E.-M. Kessler. Tagesspiegel. https://www.tagesspiegel.de/wissen/arzte-und-psychotherapeuten-vernachlassigen-altere-patienten-4123966.html
30.04.2024
Beitrag von Ruth Busl
Die frontotemporale Demenz (FTD) ist eine schwerwiegende neurodegenerative Erkrankung, die meist bereits vor dem 65. Lebensjahr, manchmal sogar in jungen Jahren auftritt. Sie stellt sowohl Betroffene als auch ihre Angehörigen vor enorme Herausforderungen. Zu Beginn der Erkrankung treten häufig Verhaltensauffälligkeiten und Sprachstörungen auf, die oftmals fälschlicherweise als psychiatrische Symptome interpretiert werden. Dies führt häufig zu einer verzögerten Diagnosestellung.
Um diesen Prozess zu verbessern, fördert die Josef und Luise Kraft-Stiftung das Projekt „Nutzen der Positronen-Emissions-Tomographie für Diagnostik und Versorgung von Patienten mit frontotemporaler Demenz“ an der Universität Ulm, Abteilung Neurologie, unter der Leitung von Dr. Dipl. Psych. Sarah Anderl-Straub. Das Projekt läuft von November 2023 bis Oktober 2026.
Das Hauptziel des Projekts ist es, zu untersuchen, ob die frontotemporale Demenz durch den Einsatz der Positronen-Emissions-Tomographie (PET) früher und genauer diagnostiziert werden kann als durch konventionelle bildgebende Verfahren. Die PET ermöglicht es, krankheitsbedingte Veränderungen im Gehirn bereits in einem sehr frühen Stadium zu erkennen. Diese Informationen könnten nicht nur die Diagnosestellung verbessern, sondern auch die Therapieoptionen und die Unterstützung der betroffenen Familien maßgeblich beeinflussen.
Die Frontotemporale Lobärdegeneration (FTLD) bezeichnet eine Gruppe von neurodegenerativen Erkrankungen, die durch den fortschreitenden Verlust von Nervenzellen in den Frontallappen und/oder Temporallappen des Gehirns gekennzeichnet ist.
Seit Projektbeginn im November 2023 konnten bis April 2024 bereits wichtige Fortschritte erzielt werden:
Datenerfassung und -aufbereitung: Über 650 FDG-PET-Aufnahmen aus 11 deutschen Universitätskliniken wurden digitalisiert und in Ulm archiviert. Diese Aufnahmen bieten eine solide Grundlage für Analyse und Vergleichsstudien.
Datenanalyse: Die Analyse der ersten Patienkohorte(57 Patienten) hat begonnen. Ziel ist es, Unterschiede zwischen den Bildgebungsdaten und den im Blut gemessenen Neurofilamentwerten zu identifizieren. Diese Proteine sind bei neurodegenerativen Erkrankungen erhöht und könnten einen zusätzlichen diagnostischen Marker darstellen.
Forschungsprojekt zur Differentialdiagnostik: Parallel dazu wird ein Forschungsprojekt vorbereitet, das die Weiterentwicklung der bildgebenden Diagnostik von neurologischen Erkrankungen zum Ziel hat. Hierzu werden Vergleichsdaten von gesunden älteren Menschen erhoben.
Unterstützung betroffener Familien: Ein Fragebogen zur Untersuchung der Inanspruchnahme von Entlastungsleistungen in Abhängigkeit vom Zeitpunkt der Diagnosestellung wurde entwickelt. Ziel ist es, die Bedürfnisse der Familien besser zu verstehen und zielgerichtete Unterstützungsangebote zu entwickeln.
Fazit: Die ersten Ergebnisse des Projekts an der Universität Ulm zeigen, wie wertvoll die Kombination aus innovativer Diagnostik und gezielter Forschungsförderung ist. Durch die intensive Forschungsarbeit der Universität Ulm und das Engagement der Kraft-Stiftung konnten bereits wichtige Meilensteine erreicht werden, die nicht nur die Diagnosemöglichkeiten, sondern auch die Unterstützung der betroffenen Familien verbessern. Mit diesenFortschritten und weiteren geplanten Maßnahmen gibt es berechtigte Hoffnung, dass die Lebensqualität von Menschen mit frontotemporaler Demenz langfristig gesteigert werden kann.
Das Projekt zeigt bereits in der Anfangsphase vielversprechende Ergebnisse und könnte langfristig dazu beitragen, die Lebensqualität von Patientinnen und Patienten mit frontotemporaler Demenz und deren Angehörigen erheblich zu verbessern. Durch die Förderung der Josef und Luise Kraft-Stiftung können neue Erkenntnisse gewonnen werden, die nicht nur die Diagnostik, sondern auch die therapeutischen Möglichkeiten erweitern.
01.11.2023
Beitrag von Ruth Busl
Aus verschiedenen Studien ist bekannt, dass ältere Menschen Psychotherapie weniger in Anspruch nehmen als jüngere Altersgruppen. Dies kann teilweise auf eine geringere Verfügbarkeit von spezialisierten Therapieangeboten für ältere Menschen zurückgeführt werden. Eine weitere Ursache könnte die geringere Überweisungsrate durch Hausärzte ein, die psychische Probleme bei älteren Menschen möglicherweise als normale Alterserscheinungen fehlinterpretieren.
Ähnlich denken viele ältere Menschen. So zögern sie häufig, psychotherapeutische Hilfe in Anspruch zu nehmen – als Folge von Stigmatisierungsängsten oder mangelndem Wissen über psychische Gesundheit und Therapiemöglichkeiten. Auch gibt es sicherlich eine gewisse Scheu, generell über psychische Probleme zu sprechen, was in der Generation älterer Menschen noch stark ausgeprägt sein kann.
Ältere Patient*innen in der Psychotherapie bringen eine reiche und vielschichtige Lebensgeschichte mit, die zahlreiche psychosoziale Herausforderungen umfassen kann. Die Behandlung kann daher komplex sein, da Therapeut*innen nicht nur aktuelle Symptome adressieren, sondern auch die langfristigen psychosozialen Faktoren berücksichtigen müssen. Dies kann individuell angepasste Therapieansätze erfordern, die die einzigartige Lebensgeschichte und die persönlichen Erfahrungen einbezieht. Zusätzlich können bei älteren Menschen kognitive Einschränkungen oder psychische Gesundheitsprobleme vorliegen, die die Anwendung standardisierter Therapieansätze erschweren.
Obwohl in den vergangenen Jahren im Forschungsfeld „Psychotherapie im Alter“ beachtliche Fortschritte gemacht wurden, bleiben wesentliche Herausforderungen ungelöst. Insbesondere hängt die Entwicklung von Therapieformen hinterher, die den speziellen Anforderungen und Bedürfnissen der älteren und insbesondere der hochbetagten Bevölkerung entsprechen. Diese Situation ist im Hinblick besorgniserregend, da ältere Patient*innen im Vergleich zu jüngeren oft benachteiligend weniger Zugang zu psychologischen Gesundheitsdiensten haben. Hinzukommt, dass es noch erhebliche Defizite gibt in der Entwicklung bedürfnis- und bedarfsgerechter, effektiver Psychotherapieansätze für Hochbetagte.
Eine neue Studie an der MSB Medical School Berlin zielt darauf ab, diese Hürden zu überwinden.
Das wegweisende Forschungsprojekt „PANAMA – Psychotherapie aus der Innensicht alter und sehr alter Menschen“ an der MSB Medical School Berlin konzentriert sich auf die Erforschung der Psychotherapie aus der Perspektive älterer und sehr alter Patient*innen. Unter der Leitung von Prof. Dr. Eva-Marie Kessler will dieses Projekt ein tieferes Verständnis für die psychotherapeutischen Bedürfnisse und Erfahrungen dieser Altersgruppe entwickeln.
Trotz Fortschritten in der Psychotherapieforschung für ältere Menschen bleiben spezifische Bedürfnisse und Herausforderungen oft unberücksichtigt. PANAMA zielt darauf ab, diese Lücke in der Entwicklung von Therapieansätzen zu schließen, indem es die Innensicht älterer Patient*innen auf den psychotherapeutischen Prozess erforscht. Der Fokus liegt auf den Perspektiven und Erfahrungen von Patienten im Alter zwischen 70 und 95 Jahren, die innerhalb der vorangegangenen 24 Monaten eine ambulante Psychotherapie in Anspruch genommen haben.
Durch qualitative Forschungsmethoden, einschließlich leitfadengestützter Interviews, will PANAMA wertvolle Einblicke in die individuellen Erlebnisse, Erwartungen und Veränderungen der Patient*innen durch die Therapie geben. Welche Erwartungen hatten die Befragten, und inwiefern wurden diese erfüllt? Welche Höhepunkte und Enttäuschungen während der Therapie haben Sie in Erinnerung?
Die Auswertung der Interviews erfolgt mittels der Methode Grounded Theory, um tiefgehende und nuancierte Einblicke zu gewährleisten. Die Ergebnisse sollen dazu beitragen, personalisierte Psychotherapieprogramme zu entwickeln, die besser auf die individuellen Ziele und Präferenzen älterer Menschen abgestimmt sind.
Die Forschungsarbeit von PANAMA birgt die Möglichkeit, die Versorgung älterer Menschen im Bereich der psychischen Gesundheit signifikant zu verbessern, und könnte einen wesentlichen Wandel in der Wahrnehmung älterer Patient*innen als aktive Mitgestaltende ihrer Psychotherapie einleiten. Zusätzlich zielt das Projekt darauf ab, das Verständnis für die Wichtigkeit psychologischer Betreuung im höheren Lebensalter zu vertiefen und Hindernisse zu überwinden, die ältere Menschen von der Nutzung solcher Angebote abhalten könnten.
Zum einen hat die Studie das Potenzial, die psychische Gesundheitsversorgung im Alter maßgeblich zu verbessern und gleichzeitig einen Paradigmenwechsel in der Art und Weise herbeizuführen, wie ältere Menschen als aktive Teilnehmende in der Psychotherapie wahrgenommen werden können. Dabei geht es darum, das Bewusstsein für die Bedeutung psychologischer Unterstützung im Alter zu schärfen und gleichzeitig Barrieren abzubauen, die ältere Menschen von der Inanspruchnahme solcher Dienste abhalten könnten. Interessant sind sicherlich auch die Einblicke des Forschungsprojekts in die Narrative der Teilnehmenden.
Das Projekt wird von einem erfahrenen Team unter der Leitung von Prof. Dr. Eva-Marie Kessler und in Zusammenarbeit mit Prof. Dr. Uwe Krähne und Prof. Dr. Reinhard Lindner durchgeführt. Projektstart ist Herbst 2023 mit einer Laufzeit von drei Jahren. Die Josef und Luise KRAFT-Stiftung fördert PANAMA aus der Überzeugung heraus, dass die Erkenntnisse dieses Projekts einen positiven Einfluss auf die Lebensqualität älterer Menschen haben werden.
01.10.2023
Beitrag von Ruth Busl
Die fortschreitende Technologie hat das Potenzial, die Pflegebranche zu revolutionieren und möglicherweise auch die Krise auf dem Pflegemarkt einzudämmen. Roboter und Künstliche Intelligenz (KI) können Pflegekräfte bei Routineaufgaben entlasten, wodurch ihnen mehr Zeit für die individuellen Bedürfnisse der Pflegebedürftigen verbleibt, was letztendlich zu einer Steigerung der Lebensqualität führen kann.
Doch der Einsatz von Robotik im Pflegesektor ist nicht ohne Kontroversen und wirf eine Reihe von ethischen, rechtlichen und praktischen Fragen auf.
Der Deutsche Ethikrat und andere Gremien betonen, dass die Robotik in der Pflege das Wohl des Pflegebedürftigen im Mittelpunkt haben muss. Es besteht die Sorge, dass der vermehrte Einsatz von Robotern zu sozialer Isolation führen könnte.
Während die Technologien weiter rasant voranschreiten, bleibt die zentrale Frage: Wie können wir sicherstellen, dass die Pflege menschlich bliebt, während wir die Vorteile von Robotik und KI nutzen?
Ein weiterer Aspekt ist die Gerechtigkeit und Zugänglichkeit der Technologie. Es ist entscheidend, sicherzustellen, dass die Technologie nicht zu einer weiteren Kluft zwischen denjenigen führt, die sich den Einsatz von Robotern leisten können, und denen, die es sich nicht leisten können. Die Finanzierung und Verfügbarkeit von Pflegerobotern und KI-basierten Systeme sollte daher gerecht und inklusiv gestaltet werden.
Die rechtlichen Fragen sind komplex: Wer ist verantwortlich und haftet schlussendlich, wenn Roboter Fehler machen oder Schäden verursachen? Und wie werden Datenschutz und Datensicherheit gewährleistet? Schließlich geht es hier um den verantwortungsvollen Umgang mit sensiblen Daten und um den Schutz der Privatsphäre. Es müssen schnell klare rechtliche Regelungen geschaffen werden, um die Verantwortlichkeiten der verschiedenen Akteure zu klären.
Der erfolgreiche Einsatz von Robotern erfordert eine angemessene Schulung und Unterstützung für das Pflegepersonal.. Es müssen Ressourcen bereitgestellt werden, um sicherzustellen, dass das Personal die Technologie effektiv nutzen kann und dass sie in der Lage sind, die Bedürfnisse der Pflegebedürftigen angemessen zu erfüllen. Allgemein ist davon auszugehen, dass die Implementierung von Robotik mit erheblichen Kosten verbunden sein wird. Es müssen Modelle entwickelt werden, um die Finanzierung dieser Technologien sicherzustellen und auch, dass sie für alle zugänglich sind.
Fazit: Es ist eine spannende Zeit für den Pflegebereich, und es wird interessant sein zu sehen, wie sich diese Technologien in den kommenden Jahren entwickeln werden. Wir brauchen einen ausgewogenen Ansatz, der die Vorteile der Technologie nutzt, während ethische und praktische Überlegungen berücksichtigt werden. Es bleibt abzuwarten, wie sich die Technologie weiterentwickeln und wie sie die Pflegebranche in den kommenden Jahren prägen wird. Momentan geht es um die Frage nach nutzenstiftenden und ethisch vertretbaren Anwendungskontexten und darum, wie der Transfer in die Regelversorgung beschleunigt werden kann.
Deutscher Ethikrat (03/2020): Chancen für die Pflege durch verantwortliche Nutzung von Robotik
Stellungnahme Deutscher Ethikrat (03/220): Robotik für gute Pflege
01.09.2023
Beitrag von Ruth Busl
Der Einsatz von Robotik und Künstlicher Intelligenz (KI) in der Pflege steht zwar noch am Anfang ihrer Entwicklung, aber das Potenzial für eine tiefgreifende Veränderung im Pflegesektor ist enorm. Der drängende Fachkräftemangel und die damit einhergehende Überlastung des Pflegeeinrichtungen machen es notwendig, nach innovativen Lösungen zu suchen. Hier bietet KI vielversprechende Ansätze, die nicht nur die Effizienz steigern, sondern auch die Qualität der Pflege verbessern könnten.
Viele Seniorinnen und Senioren wollen zu Hause bleiben und dort unterstützt und auch gepflegt werden. Technische Systemen, die dies ermöglichen stoßen daher auf ein positives Echo. Ein Blick auf die technologischen Fortschritte zeigt verschiedene Arten von Assistenzsystemen. Klassische Roboter übernehmen grundlegende Aufgaben wie das Servieren von Mahlzeiten oder den Transport von Medikamenten. Sie sind vergleichbar mit den Robotern, die in der Gastronomie oder in Lagerhäusern eingesetzt werden.
Doch es gibt auch fortschrittlichere, assistierende Systeme: Ein Beispiel ist z.B. die Pflegerobbe Paro, die in der Therapie von Demenzkranken eingesetzt wird. Mit ihren aktivierenden Effekten kann sie Menschen anregen und das Wohlbefinden der Betroffenen verbessern. Diese Assistenzroboter werden in der therapeutischen Unterstützung. Aktivierung oder Mobilisierung eingesetzt und zeigen, wie Technologie das Leben der Pflegebedürftigen bereichern kann.
Darüber hinaus können Technologien wie KI bei der Entscheidungsfindung, insbesondere bei der frühzeitigen Diagnostik und Therapieplanung. Sie können große Datenmengen analysieren und wertvolle Einblicke bieten, die sonst schwer zu erkennen wären.
Die Finanzierung bleibt jedoch eine der größten Hürden für eine breite Einführung von Robotik in der Pflege. Es stellt sich die Frage, wer für diese Technologien bezahlen wird. Krankenkassen könnten eine Rolle spielen, aber auch Einrichtungen selbst müssten Wege finden, die notwendige Technik zu finanzieren, zu warten und das Personal zu schulen.
Fortsetzung folgt: Robotik in der Pflege – Ethische, rechtliche und praktische Überlegungen
12.08.2023
Beitrag von Ruth Busl
Die Mehrheit der Pflegebedürftigen wird zu Hause betreut, oft von berufstätigen Angehörigen. In einer Gesellschaft, in der die Bevölkerung immer älter wird, stehen immer mehr Arbeitnehmer*innen vor der Aufgabe, sich um pflegebedürftige Angehörige kümmern zu müssen.
Dies stellt nicht nur Betroffene, sondern auch Unternehmen vor neue Herausforderungen, gerade in Zeiten, in denen Fachkräfte knapp sind. In Zeiten des Fachkräftemangels ist die Vereinbarkeit von Pflege und Beruf ein immer wichtiger werdender Erfolgsfaktor für Arbeitgeber und letztlich für die ganze Wirtschaft. Die Politik sollte dabei ihren Fokus nicht nur auf die großen Unternehmen legen, sondern auch die kleinen Betriebe im Blick haben, um die Pflegekrise eindämmen zu können.
Unerlässlich ist es, schnellstens Möglichkeiten zu schaffen, die eine gute Vereinbarkeit von Pflege und Beruf ermöglichen. Dazu gehört es, die soziale Realität in den gesetzlichen Bestimmungen abzubilden. Zum einen wollen und müssen viele pflegende Angehörige weiterhin erwerbstätig sein, sowohl aus finanziellen als auch aus sozialen Gründen, um Altersarmut und Isolation entgegenzuwirken. Zudem sollten neben Angehörigen künftig auch den Pflegebedürftigen nahestehende Personen pflegen können. Einen Bedarf gibt es an flexiblen Lösungen, um den unterschiedlichen Pflegeverläufen gerecht zu werden.
Der zweite Bericht des Unabhängigen Beirats, der der Bundesministerin Lisa Bause im Juli vorgelegt wurde, befasst sich mit wichtigen Themen, die die Vereinbarkeit von Pflege und Beruf tangieren und helfen können, die Situation Pflegebedürftiger und pflegender Angehörigen zu verbessern. Die Empfehlungen zur Ausgestaltung konzentrieren sich auf die Ausgestaltung einer praxistauglichen Familienzeitpflege und die Einführung eines neuen Familiengeldes für häuslich pflegende Erwerbstätige.
Basierend auf dem Vorbericht aus 2022, wird eine steuerfinanzierte Lohnersatzleistung für diejenigen vorgeschlagen, die sich für die Angehörigenpflege entscheiden und dafür ihre Arbeitszeit reduzieren müssen. Ferner wird die Anpassung der professionellen Pflegestrukturen und die Unterstützung kleiner und mittlerer Unternehmen bei der Integration von Pflegeverantwortlichkeiten gefordert.
Der 2015 vom Bundesfamilienministerium eingesetzte Unabhängige Beirat besteht aus 21 Expert*innen aus verschiedenen Bereichen und liefert mit seinen Berichten alle vier Jahre wichtige Impulse für die Zukunft der Pflege in Deutschland.
27.07.2023
Beitrag von Caroline Emmer De Albuquerque Green
Europäische Seniorengenerationen, angeführt von der AGE Platform Europe, setzen sich für eine einheitliche EU-Strategie ein, die Würde, Freiheit und Gleichberechtigung während des gesamten Lebens gewährleisten kann. Die vorgeschlagene EU-Strategie bietet Entscheidungsträgern in Europa Empfehlungen für Maßnahmen und Aktionen, um die Rechte älterer Menschen voranzutreiben.
Altersdiskriminierung und Altersstereotypen beeinträchtigen jeden Aspekt des Lebens älterer Menschen, von Gesundheit und Arbeit bis hin zur gesellschaftlichen Teilhabe und individuellen Autonomie. Die Strategie zielt darauf ab, die Vielfalt älterer Menschen widerzuspiegeln, aktives und gesundes Altern zu fördern, intergenerationelle Solidarität zu stärken und die Rechte älterer Menschen zu stärken.
Dabei geht es darum, in ganz Europa Gleichheit und Nichtdiskriminierung rechtlich zu schützen, die aktive Teilhabe älterer Menschen in allen Lebensbereichen ebenso sicherzustellen wie eine angemessene Rente und die Förderung der Autonomie und Unabhängigkeit Älterer in den Bereichen Gesundheit und Langzeitpflege.
Die AGE Platform Europe und ihre Mitglieder rufen die Entscheidungsträger dazu auf, einen umfassenden politischen Rahmen für das Altern zu schaffen, der in allen Lebensphasen auf Menschenrechten basiert. Es ist an der Zeit, dass wir die Rechte und Bedürfnisse älterer Menschen in den Mittelpunkt der Politik stellen.
Die vorgeschlagene EU-Altersgleichheitsstrategie spiegelt viele der Werte und Ziele wider, die wir in der Josef und Luise KRAFT-Stiftung vertreten. Es geht darum, eine Gesellschaft zu schaffen, in der das Altern nicht als Last, sondern als wertvolle Ressource gesehen wird, die Erfahrung, Weisheit und Kontinuität bietet. Wir sehen es nicht nur als Pflicht, sondern auch als Chance, die Zukunft des Alterns in Europa positiv zu gestalten. Zudem unterstützen wir als Stiftung auch die Idee einer internationalen Konvention zum Schutz der Rechte älterer Menschen unter der Schirmherrschaft der Vereinten Nationen.
13.07.2023
Beitrag von Marion Klement
Allein die Tatsache, dass Schätzungen zufolge die Zahl der Menschen in der EU im Alter von 75 bis 84 Jahren bis 2050 um über 55 Prozent steigen wird, macht einen Paradigmenwechsels in der Behandlung älterer Menschen notwendig. Statt sie als Kostenfaktor und Empfänger von Fürsorge zu sehen, erkennen erfreulicherweise immer mehr Organisationen und Institutionen ihr enormes Potenzial für die Gesellschaft.
Darin liegt eine Chance, weg von einem pflegebasierten Ansatz hin zur Stärkung und zur Beseitigung altersfeindlicher Einstellungen zu gehen und die bislang viel zu oft vernachlässigten sozialen, intellektuellen und wirtschaftlichen Potenziale älterer Menschen zu nutzen.
Der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss (EWSA) hat einen entscheidenden Schritt in diese Richtung gemacht, indem er die Europäische Kommission und die EU-Mitgliedstaaten aufforderte, eine umfassende Strategie für ältere Menschen zu entwickeln. Diese Strategie soll nicht nur die Rechte Älterer schützen, sondern vielmehr auch ihre umfassende gesellschaftliche und wirtschaftliche Teilhabe fördern.
Ein zentrales Element dieser Forderung ist die Einrichtung einer europäischen Agentur, die sich auf Fragen des Alterns und der demografischen Veränderungen konzentriert. Die Entwicklung nationaler Pläne der Mitgliedsstaaten ist ebenso notwendig wie die Ausarbeitung und Unterzeichnung einer europäischen Erklärung.
Zu den Stellungnahmen des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss zum Thema Ältere Menschen.
07.05.2023
Beitrag von Caroline Emmer De Albuquerque Green
Die englische Regierung ermutigt kleinere Pflegeheime, von papierbasierten Systemen auf Softwaretechnologie umzusteigen. Die Abteilung für Gesundheit und Soziale Betreuung (DHSC) möchte bis 2024, dass 80 Prozent der Pflegeheime mit digitalen Pflegeakten arbeiten. Ein gutes, aber ambitioniertes Ziel. Vor allem gilt es die Frage zu beantworten, welche Unterstützung die kleineren Anbieter von Pflegeeinrichtungen dafür benötigen? Dies war Inhalt meiner Studie „Supporting small care home providers and their managers on their journey towards digitalization”.
Positive Einstellung zur Digitalisierung: Die Befragten waren sich einig über die Vorteile, die eine Digitalisierung insbesondere im Hinblick auf Zeitersparung und Effizienzsteigerung bringt. Damit könnten Mitarbeitende mehr Zeit mit den Bewohnerinnen und Bewohnern verbringen, anstatt bürokratischen Papierkram zu erledigen zu müssen.
Herausforderungen der Digitalisierung: Hier wurde vor allem der Zugang zu Finanzmitteln für die Digitalisierung genannt, die oft als kompliziert und nicht zweckmäßig empfunden werden. Ein weiterer Punkt ist die große und für Laien unübersichtliche Auswahl an Angeboten, die es kleinen Pflegeheimen schwer macht, die richtige Technologielösung zu finden – vor allem ohne IT-Spezialisten an der Seite. Außerdem müssten unbedingt Schulungen für die Mitarbeitenden angeboten werden.
Empfehlungen der Studie: Zum einen sollten Pflegeheimleitungen Tools bereitgestellt werden, die sie bei der Auswahl des richtigen Produkts und der erfolgreichen Einführung des Systems in ihrer Einrichtung unterstützen. Von großem Vorteil wären sektorspezifische Schulungen, die sowohl technische als auch Führungsfähigkeiten abdecken. Auch das aktuelle Fördersystem zur Finanzierung der Digitalisierung sollte überarbeitet werden, um es zugänglicher zu machen. Summa summarum: Es braucht eine klare Vision, was die Digitalisierung von Pflegeheimen betrifft, die alle Beteiligten einbezieht.
Wir haben festgestellt, dass die aktuelle Finanzierungslandschaft, das Wissen, wie man sich in der Fülle der Produkte zurechtfindet und wie man die Mitarbeiter unterstützt, sehr wichtige Faktoren sind. Diese Erkenntnisse können auch auf den deutschen Pflegemarkt übertragen werden – das gilt sowohl für die genannten Vorteile der Digitalisierung, wie Zeitersparnis und verbesserte Effizienz, als auch für die Herausforderungen.
Der Bedarf an Finanzierung, Unterstützung bei der Produktauswahl sowie der Schulungsbedarf sind hierzulande ähnlich. Angesichts der rasanten Entwicklung in Digitalisierung und Künstlicher Intelligenz, die auch vor dem Pflegemarkt nicht Halt macht, wäre es auf politischer Ebene empfehlenswert, einen auf die Bedarfe kleiner Einrichtungen zugeschnittenen Maßnahmenkatalog zu entwickeln und umzusetzen, damit auch sie von der Entwicklung der
11.04.2023
Beitrag von Ruth Busl
„Home is where the heart is“ – diese englische Redewendung zeigt, wie wichtig das Zuhause für Menschen ist. Zuhause ist nicht nur ein physischer Ort, sondern auch ein Gefühl. Für viele ist es ein Ort der Geborgenheit, der Erinnerungen und der vertrauten Gesichter.
Für ältere Menschen hat das Zuhause eine noch tiefere Bedeutung. Es ist der Ort, an dem sie den Großteil ihres Lebens verbracht haben, und der Ort an dem sie sich am sichersten und selbstbestimmt fühlen, umgeben mit vertrauten Dingen.
Der Umzug in eine Pflegeeinrichtung, sei es geplant oder plötzlich durch eine Krankheit oder einen Unfall notwendig, ist daher oft mit Ängsten und Unsicherheiten verbunden, die sowohl emotionale als auch praktische Aspekte umfassen. Das geht von der Sorge um die Selbstbestimmung bis hin zu praktischen Fragen: Können mich meine Angehörigen und Freunde besuchen? Kann ich ausschlafen und essen, wann ich möchte? Was passiert mit meinen Sachen? Was wird aus meiner Katze? Und kann ich die Kosten für das Pflegeheim selbst tragen?
Das Alter bringt Herausforderungen mit sich, die die Selbstständigkeit beeinträchtigen können. Der Gedanke, das vertraute Zuhause zu verlassen, ist oft belastend. Stereotypen über Pflegeeinrichtungen, wie eine triste Atmosphäre, überarbeitetes Personal oder mangelnde Pflegequalität, verstärken diese Ängste.
Die emotionalen Auswirkungen eines solchen Umzugs sind individuell und hängen von der Persönlichkeit und der psychologischen Widerstandsfähigkeit der betroffenen Person ab. Einige finden in der Pflegeeinrichtung einen Neubeginn, während andere sich von Anfang an isoliert, abgeschoben oder wertlos fühlen können.
Der letzte Umzug im Leben ist eine große Herausforderung, aber mit der richtigen Vorbereitung und Unterstützung kann er zu einem positiven Neuanfang werden. Die aktive Beteiligung aller Beteiligten – des älteren Menschen, seiner Angehörigen, der Einrichtung und des Pflegepersonals – ist entscheidend für einen erfolgreichen Übergang.
Checkliste der Bundesarbeitsgemeinschaft der Seniorenorganisationen (bagso): Das richtige Pflege- und Seniorenheim
22.02.2023
Beitrag von Ruth Busl
In einer Gesellschaft, die sich ständig und rasant weiterentwickelt und in der das Bewusstsein für Gleichberechtigung und Inklusion wächst, gilt es darauf zu achten, dass Gesetze mit den Veränderungen Schritt halten. Ein aktuelles Thema, das in Deutschland seit geraumer Zeit für Diskussionen sorgt, ist die Forderung, den Begriff „Lebensalter“ in das Grundgesetz aufzunehmen.
Obwohl es bereits heute gesetzlich verboten ist, Menschen aufgrund ihres Alters im Arbeitsleben oder bei Alltagsgeschäften zu benachteiligen, fehlt im Grundgesetz (GG) noch immer der Begriff „Lebensalter“. Artikel 3 verbietet die Ungleichbehandlung von Menschen aufgrund ihres Geschlechts, ihres Glaubens, ihrer Abstammung, Herkunft oder wegen einer Behinderung – aber eben nicht den ebenso wichtigen Aspekt des Lebensalters.
Demographische Realität: Unsere Gesellschaft altert rapide, damit ist ein immer größerer werdender Anteil der Bevölkerung potenziell der Gefahr von Altersdiskriminierung ausgesetzt. Die Verankerung des Lebensalters im GG ist nicht nur eine Anerkennung der demografischen Verschiebung, sondern auch ein entscheidendes Bekenntnis, die Recht dieser stetig wachsenden Bevölkerungsgruppe zu schützen.
Unmissverständlicher Rechtsschutz: Obwohl es bereits Regelungen gibt, die Altersdiskriminierung untersagen, würde die explizite Aufnahme ins GG einen unerschütterlichen rechtlichen Schutz bieten. Dies würde nicht nur die Rechtsposition stärken, sondern auch die juristische Durchsetzung ihrer Rechte erleichtern.
Kultureller Wandel: Die Anerkennung des Lebensalters im GG würde weit über den rechtlichen Rahmen hinausgehen. Es würde dazu beitragen, das gesellschaftliche Bewusstsein für Altersdiskriminierung und deren Auswirkungen zu schärfen und einen kulturellen Wandel anzustoßen, bei dem sie genauso verurteilt wird wie andere Formen der Diskriminierung.
Ein Zeichen gegen Ageismus: Indem das Lebensalter fest im GG verankert wird, sendet die Politik ein kraftvolles Signal aus: Ageismus hat in unserer Gesellschaft keinen Platz. Es ist ein entscheidender Schritt hin zu einer Gesellschaft, in der jeder Mensch, auch unabhängig von seinem Alter, gleichermaßen wertgeschätzt und respektiert wird.
Fazit: Die Integration des Lebensalters in das Grundgesetz stellt nicht nur aus rechtlicher, sondern auch aus moralischer und kultureller Perspektive eine gute Lösung dar. Sie gewährleistet, dass jeder Einzelne in unserer Gesellschaft weder diskriminiert noch übersehen wird, egal wie alt oder jung er ist.
Dennoch: Während die Aufnahme des Lebensalters in Art. 3 GG viele Vorteile bringen kann, ist es wichtig, auch die potenziellen Nachteile und Bedenken sorgfältig abzuwägen, um eine fundierte Entscheidung treffen zu können. Argumente seitens der Kritiker*innen: es besteht bereits ausreichender Schutz durch das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG), jede Änderung oder Ergänzung des Grundgesetzes muss immer sorgfältig abgewogen werden, um seine Integrität und Stabilität nicht zu gefährden. Zudem sei es schwierig, eine klare und eindeutige Definition von „Lebensalter“ zu formulieren, die rechtliche Klarheit schafft.
28.12.2022
Beitrag von Marion Klement
In einer Zeit, in der die Bevölkerung immer älter wird und der demographische Wandel unsere Gesellschaft prägt, ist es bedeutend, wie wir ältere Menschen wahrnehmen. Eine kürzlich durchgeführte Studie mit dem Titel „Ageismus – Altersbilder und Altersdiskriminierung in Deutschland“ wirft ein Licht auf dieses Thema. Die Ergebnisse der Studie, die im Auftrag der Antidiskriminierungsstelle des Bundes durchgeführt wurde, sind aufschlussreich aber auch besorgniserregend.
Laut der Studie sind negative Stereotypen und fragwürdige Klischees gegenüber älteren Menschen in Deutschland weit verbreitet und tief verwurzelt: etwa ein Drittel der Befragten sieht ältere Menschen als Hindernis oder „Blockierer“ und fordert, dass diese „Platz machen“ und wichtige berufliche wie gesellschaftliche Rollen für die jüngeren Generationen aufgeben sollten.
Was kann hier weiterhelfen? Eine breite Aufklärung über Altersdiskriminierung, damit wir als Gesellschaft diese Stereotypen und Vorurteile erkennen und aktiv dagegen vorgehen können.
Die Studie wurde von zwei renommierten Expertinnen erarbeitet: Prof Dr. Eva-Marie Kessler und Prof. Dr. Lisa Marie Warner von der Medical School Berlin. Ihr Beitrag zu diesem wichtigen Thema ist wertvoll und bietet eine solide Grundlage für zukünftige Diskussionen und Maßnahmen.
16.09.2022
Beitrag von Ruth Busl
In einer Zeit, die geprägt ist von einer rasanten technologischen Entwicklung und Digitalisierung, ist es unerlässlich alle Bevölkerungsgruppen in den Prozess einzubeziehen. Dies gilt insbesondere für ältere Menschen, die immer noch zu oft übersehen oder vernachlässigt werden, wenn es um den Zugang zu digitalen Dienstleistungen geht.
Theoretisch können ältere Menschen von den Chancen der Digitalisierung profitieren. Praktisch aber sind viele von ihnen von digitalen Angeboten der Behörden, sozialen Dienste und Banken ausgeschlossen. Deshalb fordert das Deutsche Institut für Menschenrechte flächendeckende Bildungs- und Unterstützungsangebote für Ältere.
Digitale Technologien und Dienstleistungen bieten älteren Menschen eine Fülle von Möglichkeiten. Die Vorteile sind vielfältig: Sie erleichtern den Zugang zu Informationen, stärken die Kommunikation mit Familie und Freunden, vereinfachen den Alltag und eröffnen sogar den Zugang zu neuen Hobbys oder Lernmöglichkeiten und virtuellen Veranstaltungen. Einkäufe können ebenso online erledigt werden wie die Buchung von Arztterminen können online gebucht en oder Lieferdienste zu nutzen.
Trotz der potenziellen Vorteile zeigt die Realität ein anderes Bild. Viele ältere Menschen fühlen sich von der digitalen Welt ausgeschlossen. Dies liegt nicht nur an fehlenden technischen Fähigkeiten oder mangelndem Verständnis, sondern auch an der Art und Weise, wie digitale Dienste gestaltet und angeboten werden. Behörden, soziale Dienste oder Banken haben ihre Dienstleistungen digitalisiert, oft ohne die spezifischen Bedürfnisse und Bedarfe älterer Menschen zu berücksichtigen. Es gibt Barrieren, die den Zugang und die Nutzung der Dienste erschweren, und letztlich so in vielen Bereichen des gesellschaftlichen Lebens zum Ausschluss führen kann.
Das Deutsche Institut für Menschenrechte fordert aus gutem Grund flächendeckende Bildungs- und Unterstützungsangebote für ältere Menschen. Dies betrifft aber nicht nur Schulungen und Trainings im Umgang mit der neuen Technologie, sondern auch die Gestaltung von Benutzeroberflächen: intuitiv verständlich und leicht bedienbar. Und natürlich muss die digitale Infrastruktur im Lebensumfeld älterer Menschen überhaupt vorhanden sein.
Digitalisierung ist nicht nur für die Jüngeren unter uns. Mit den richtigen Bildungs- und Unterstützungsangeboten können wir eine inklusive digitale Zukunft schaffen, die für alle zugänglich und nützlich ist, von der alle profitieren und sich niemand ausgeschlossen oder überfordert fühlen muss.
06.02.2022
Beitrag von Dr. Caroline Emmer de Albuquerque Green
Was verstehen Sie unter Menschenrechte in der Altenpflege? Diese Frage stellten wir mitten in der Corona-Pandemie den Absolvent*innen des Pflege-Dual-Studiengangs der Katholischen Stiftungshochschule München. Die Antworten lassen uns gerade in Zeiten der Corona-Pandemie besonders nachdenklich werden: “Würdevolle Pflege in Beziehung auf Nahrung, Sauberkeit und Kommunikation, keine Bevormundung, Recht auf ärztliche Behandlung aber auch eigene Entscheidung zur Nicht-Behandlung.”
Covid-19 zeigt schmerzvoll die Rolle und Bedeutung der Rechte Älterer auf, ganz besonders in Pflegesettings. So gehören Besuchsverbote und die damit einhergehende Isolierung von Heimbewohnenden von ihren Familien und Freund*innen zur Normalität. Menschen mit Covid-19-Symptomen oder einer Infizierung werden im Pflegeheim isoliert, was vor allem für Demenzerkrankte potenziell fatale Folgen haben kann. Unlängst verkündete Frau Dr. Claudia Mahler vom Deutschen Institut für Menschenrechte und Unabhängige Expertin für die Rechte Älterer bei den Vereinten Nationen, dass in Europa und weltweit der gesamte Katalog an Menschenrechten während der Pandemie bei Heimbewohnenden verletzt wurde. Dazu gehören das Recht auf Leben, das Recht auf gesellschaftliche Teilhabe, das Recht auf Gesundheit, das Recht auf freie Religionsausübung und noch mehr.
Aber die menschenrechtliche Thematik ist nicht nur auf Pflegeheime begrenzt. Altersdiskriminierung, also die Benachteiligung von Menschen auf Grund ihres Alters, ist in der deutschen Gesellschaft trotz des „Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes“ weit verbreitet. Laufende Diskurse und Diskussionen zur systematischen Isolierung im Eigenheim von Menschen ab 70 Jahren als “Risikogruppe” in der Covid-19 Pandemie sind dafür beispielhaft und fördern verstärkt ein negatives Altersbild und eine Spaltung der Gesellschaft zwischen “Jung” und “Alt”.
So zeigt uns die Pandemie das Spiegelbild der Stellung von älteren Menschen in unserer Gesellschaft auf. Dieses Bild gilt es nachhaltig zu verändern. Dabei geht es darum, das Gleichheitsprinzip und die Rechte Älterer in den Vordergrund zu stellen – und zwar nicht nur in Pflegeeinrichtungen, sondern in der gesamten Gesellschaft. Denn die Wahrung der Rechte aller Menschen jeglichen Alters braucht den gesellschaftlichen Zusammenhalt! Es ist unsere Aufgabe und Pflicht, jetzt umzudenken: weg von den Menschenrechten als ein rein juristisches Thema, das erst nach einer Verletzung an Bedeutung gewinnt, und hin zu den Menschenrechten als ethische Grundprinzipien, die uns dabei helfen, eine faire Gesellschaft zu bauen.
Als Josef und Luise Kraft-Stiftung setzen wir uns deswegen für die Verabschiedung einer Internationalen Konvention der Rechte Älterer bei den Vereinten Nationen ein. Damit dieses Thema auf politische Agenden gesetzt wird und als Grundbaustein für menschenrechtsorientiertes Denken und Handeln dienen kann, auch in Pflegesetting. Als Stiftung machen wir dies als Mitglied in internationaler Foren, wie zum Beispiel bei der „Global Alliance for the Rights of Older People“, ein internationaler Zusammenschluss von Organisationen, die sich mit dem Themen „Alter“ und „Altern“ beschäftigen.
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